Das Lernverhalten vom Hund

Wie lernt der Hund?

Lernen ist eine Verhaltensveränderung aufgrund von Erfahrungen. Um zu überleben muss sich ein Verhalten ständig anpassen können, nur so gelingt es dem Tier zu überleben, daher ist Lernen überlebenswichtig. Das tolle, jedes Tier kann auch im fortgeschrittenen Alter noch lernen.

Welche Lernformen gibt es?

Die Verhaltensbiologie unterscheidet zahlreiche Arten des Lernens, für das Zusammenleben und Training mit unserem Hund sind besonders die folgenden Lernformen wichtig:

  • Prägung
  • Gewöhnung (Habituation, Sensitivierung, Extinktion)
  • Räumliches Lernen
  • Nachahmung
  • Assoziationslernen
  • Klassische Konditionierung
    • Operante Konditionierung
    • Instrumentelle Konditionierung

Prägung

Als Prägung wird in der Ethologie das Lernen in der früher Jugend während einer sensiblen, kurzen Entwicklungsphase bezeichnet, welches später nicht mehr veränderbar ist. Neue Untersuchungen zeigen, dass ein späteres Umlernen schwierig ist jedoch möglich.

In der sensiblen Prägungsphase des Welpen ist es wichtig, dass ein verantwortungsvoller Züchter, seinen Welpen verschiedene Umweltreize bietet. Junge Hunde sollten ihre Umwelt möglichst umfassend erforschen dürfen. Wichtig dabei ist, dass man die Welpen nicht überfordert und das genügend Ruhepausen eingelegt werden. Damit die Eindrücke verarbeitet werden können, werden die Ruhephasen nicht eingehalten kann es schnell zu einer Reizüberflutung statt zu einer Sozialisierung führen.

Gewöhnung/ Extinktion

Die Gewöhnung ist eine einfache Form des Lernens. Wenn ein Reiz in kurzen Abstände wiederholt auftritt, ohne dass es für den Hund mit einem angenehmen oder unangenehmen Erlebnis verknüpft ist, so fällt die Reaktion darauf immer schwächer aus z.B Ertönt in kurzen Abständen wiederholt ein lautes Geräusch wie zum Beispiel die Kirchenglocken, dann werden die Schreckreaktionen des Hundes immer geringer bis hin zum Ausbleiben. Das Geräusch wird als harmlos eingestuft, die Aufmerksamkeit wird schrittweise verringert. Das Training durch die Gewöhnung ist nur erfolgreich, wenn der Stresspegel des Hundes dadurch nicht wesentlich erhöht wird.

Die Sensitivierung ist das Gegenstück zur Gewöhnung, der Hund reagiert auf einen bestimmten Reiz für einige Zeit mit deutlich erhörter Aufmerksamkeit. Steigt der Stresspegel des Hundes nicht zu hoch, wird er in neuartigen Situationen besonders intensiv lernen.

Unter Extinktion versteht man die «Löschung» eines Verhaltens. Merkt der Hund, dass er auf ein bestimmtes Verhalten keine Bestätigung mehr erhält, wird dieses Verhalten immer weniger gezeigt und bleibt ausschliesslich ganz aus. Das Verhalten ist jedoch nicht tatsächlich völlig ausgelöscht, es ruht im Verborgenen. Tritt nach einer «Löschung» zusammen mit dem ursprünglichen Reiz wieder eine Bestätigung auf, tritt das scheinbar gelöschte Verhalten viel schneller wieder auf. (Der Hund bellt bei Besuchern: erhält der Hund von einem Besucher eine Bestätigung sei dies Streicheln oder irgend eine Form von Beachtung kann das Verhalten wieder auftreten.) Bei diesem Lernverhalten ist eine konsequente Durchsetzung des Menschen notwendig.

Das Lernen über die Gewöhnung ist ein wichtiger Bestandteil einer Verhaltenstherapie. Angst/ Geräuscheangst, Unsicherheit, Aggressionen können durch einen sorgfältig geplanten Gewöhnungsvorgang verringert werden. Zu Beginn muss der Reizauslöser möglichst schwach und in grosser Entfernung sein, so dass der Hund dabei nicht gestresst wird. Die stärke des Auslösers darf nur in minimalen Schritten erhöht werden.

Nach dem Gewöhnungstraining empfiehlt sich, der ursprüngliche negativ verknüpften Reiz (der nach der Gewöhnung keine Reaktion mehr hervorruft) gezielt positiv zu Verknüpfen.

Räumliches Lernen

Das Erlernen räumlicher Zusammenhänge und örtliche Begebenheiten, ist ein Lernprozess jener ohne direkte Bestätigung stattfindet. Ein bestimmtes Signalwort wie zum Beispiel «Sitz» wird an einem ablenkungsfreien Ort wie im Wohnzimmer geübt. Klappt das Signalwort im Wohnzimmer, beginnt man an einem fremden Ort mit möglichst wenig Ablenkung z.B Garten. Die Art und Stärke des Ablenkungsreizes wird in kleinen Lernschritten gesteigert. Das Ziel ist es, eine zuverlässige Ausführung des Signalwortes in jeglicher Umgebungen und Reizen.

Nachahmung

Lernen durch Nachahmung ist auch unter Hunden möglich, motorische und soziale Verhaltensweisen eines Vorbildes können kopiert werden. Zum Beispiel in der Hütehund Ausbildung ist es üblich, dem erfahrenen Hütehunde einen Junghund beizustellen. Der Junghund beginnt zunehmend die gewünschten Verhaltensweisen an der Herde zu zeigen.  

Ein Welpe orientiert sich am Verhaltensvorbild der Mutter. In diesem Zusammenhang spielt das Verhalten der Mutterhündin eine wichtige Rolle, wenn die Hündin schreckhaft auf bestimmte Reize reagiert werden auch die Welpen ein unsicheres Verhalten auf diesen Reiz zeigen.

Lernen durch Assoziation

Assoziation ist eine gedankliche Verknüpfung von zwei gleichzeitig auftretenden Reizen. Jeder von uns kennt es, wenn wir einen Blitz sehen folgt der Donner, der Blitz und der Donner ist eine Verknüpfung im Gehirn. Hunde lernen durch Verknüpfungen, dabei wird im Hundehirn einen Reiz mit einer Reaktion und/oder Konsequenz in Verbindung gebracht.  Auch wir Menschen verknüpfen Reize, anders als beim Hund nehmen wir die Welt mehrheitlich mit den Augen wahr und leben daher in einer anderen Welt als unser 4- beiniger Riechspezialist. Aus diesem Grund ist es für uns schwer zu erkennen was der Hund verknüpft. Ein Beispiel aus der Praxis: Der Hund gerät beim Gassi gehen an einen elektrischen Zaun- der Hund fühlt den Schmerz, während er ein Kind sieht. So schnell und unbemerkt können Konfliktsituationen entstehen, durch ungewollte Verknüpfungen.

Klassische Konditionierung

Konditionierung gehört eng zum Assoziationslehren. Der Hund verknüpft durch Wiederholungen einen unbedeutenden Reiz (zum Beispiel einen Glockenton) mit Futter. So lernt der Hund, dass auf das Tonsignal Futter folgt. Der Hund schenkt dem Tonsignal immer mehr Aufmerksamkeit. Nach dem klassischen Konditionierungsvorgang löst bereits das Tonsignal beim Hund Speichelfluss und freudige Futtererwartung aus. Man unterscheidet 2 Arten der klassischen Konditionierung: die positive Konditionierung (Ton- Futter- Belohnung) und die negative Konditionierung (ton- schmerz- Bestrafung).  Die positive Konditionierung ist die Basisverknüpfung des Clickertrainings. Der Ton des Clickers wird durch eine direkte Belohnung konditioniert. Der Clicker dient dazu ein gewünschtes Verhalten sofort zu bestätigen. er ist positiv Verknüpft und ist emotionslos (unsere Stimme kann sich schnell durch die Lautstärke, durch Emotionen verändern).

Was sind die Vorteile eines Trainings mit positiven Verstärkern?

 

Glücklicherweise ist das Training mit Belohnung immer mehr verbreitet und der Zwang hat mehrheitlich ausgedient. Bei der Wahl der Zwangs Massnahmen war der Mensch sehr erfinderisch- vom Würgehalsband, Stachelhalsband bis hin zum Elektroschock gab es eine ganze Bandbreite an Möglichkeiten. Bei der Belohnung sind die Möglichkeiten noch viel grösser, viele Menschen denken die Belohnung besteht nur aus Leckerlis, aber als Belohnung kann alles eingesetzt werden um den Hund etwas Gutes zu tun. Dass kann zum Beispiel streicheln, Spielzeuge, Leckerlis, Freude ect. sein. Mit dem positiven Verstärker bewirkt man, dass ein Hund das zuvor gezeigte Verhalten häufiger zeigt. Dem Hund wird für ein gewünschtes Verhalten etwas Angenehmes zugefügt. Beispiel: ein Hund zerrt an der Leine: Er wird belohnt, wenn die Leine locker ist. Während ein negativer Verstärker bewirkt, dass ein unerwünschtes Verhalten weniger wird, da dem Hund etwas Unangenehmes zugefügt wird z.b der Hund zieht an der Leine, (unerwünschtes Verhalten) der Besitzer zieht am Würgehalsband (negative Verstärker).

Es gibt 2 Arten von positiven Verstärkern:

  1. Primäre positive Verstärker

Primäre Verstärker sind alle Dinge, die ein Tier von Natur aus angenehm findet und sind meistens Dinge die zum Leben notwendig sind. Zum Beispiel: Futter, Wasser, Sozialkontakte, Sexualtrieb, Unterschlupf, Jagd ect. Primäre Verstärker müssen nicht erlernt werden, diese finden Hunde von Natur aus toll. Diese Dinge sind unser Handwerkzeug und kann man super als Belohnung einsetzen für ein gewünschtes Verhalten.

  1. Sekundäre Verstärker

Sekundäre Verstärker ist alles was ein primärer Verstärker ankündet. Also ein Signal, dass der Hund mit Freude, Spass in Verbindung setzt. Als sekundär Verstärker ist etwas, was kurz und knapp und für den Hund gut wahrzunehmen ist. Zum Beispiel: Der Clicker, Pfeife oder ein Lobwort.

Wieso braucht man sekundär Verstärker? Theoretisch könnte man dem Hund alles ohne den sekundären Verstärker beibringen, wenn das Timing stimmen würde.  Da liegt leider das Problem- den Hund im richtigen Moment zu belohnen! Der sekundäre Verstärker erleichtert uns das Training, er hilft uns darauf zu konzentrieren, den richtigen Moment zu Clickern. Zum Beispiel, der Hund läuft frei, plötzlich kommt ein Biker aus dem nichts- unser Signalwort an den Hund: «Sitz!», der Hund sitzt ab. Genau in diesem Moment, wo der Po des Hundes den Boden berührt muss man die Belohnung einsetzen. Mit dem Clicker (zum Beispiel) kann man das aus der Entfernung machen. Der Hund hört das Clickergeräusch und weiss, dass eine Belohnung folgt. Er steht in freudiger Erwartung. Das verlangte Verhalten lohnt sich für den Hund. Wenn man in diesem Fall nur mit dem primären Verstärker arbeitet, kann man den Hund nicht für das gewünschte Verhalten Zeitnah belohnen, da wir eine zu grosse Distanz haben. Die Folge? Der Hund setzt sich zwar hin, aber der verbeirasende Biker löst beim Hund den Jagd Instinkt aus und ist in diesem Moment interessanter für den Hund. Der Hund belohnt sich mit der «Biker- Jagd» selber und ist für den Hund ein Erfolgserlebnis.

Der Hund lernt durch das Training mit positiven Verstärkern, dass Lernen Spass macht. Durch die konditionierte Entspannung und dem positiven Training ist der Hund entspannter, motivierter und der Lernerfolg ist langfristig. Natürlich beansprucht der Aufbau der Methoden Zeit und eine konsequente Durchführung ist Pflicht. 

Mir persönlich liegt das Wohle des Tieres an erster Stelle und mir ist es wichtig, dass sich ein Tier auch im Training wohl fühlt daher unterstütze ich nur gewaltfreie Methoden. (Sensitivierung, Gewöhnung, positive klassische Konditionierung/ positive Verstärker)

Jeder Hundebesitzer sollte sich über das Lernverhalten des Hundes informieren und dies im Training miteinbeziehen. So kann man eine klare Kommunikation zwischen Mensch und Hund schaffen und das Lernen fällt dem Hund deutlich leichter, Missverständnisse werden verringert.

Trennungsstress bei Hunden

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Mit der Anschaffung eines Hundes erfüllen sich viele Menschen einen Traum, aber für viele Hundebesitzer kann es anstrengend werden – etwa dann – wenn der eigene Hund nicht alleine bleiben kann. Das Resultat können genervte Nachbarn durch Gebell und Gejaule sein oder zerstörtes Mobiliar sobald das Frauchen/Herrchen das Haus verlässt.

Leidet auch dein Hund unter Trennungsstress?

Warum ist ein Hund nicht gerne allein?
Hunde sind soziale Lebewesen, sie sind es gewohnt in einer sozialen Gemeinschaft zu leben. Gemeinsam macht alles nicht nur mehr Spass, sondern bringt auch Sicherheit ins Hundeleben. Der Welpe wächst mit der Mutter und Geschwistern auf und hat immer Gesellschaft. Nach 8–10 Wochen wird der Welpe in der Regel umplatziert. Die Mama und Geschwister sind plötzlich weg und werden durch ein liebevolles Frauchen/Herrchen ersetzt. Der Mensch nimmt von nun an den Platz als Sozialpartner des Hundes ein. Dem Hund ist es natürlich klar, dass wir keine Artgenossen sind, aber er integriert uns stark in sein Leben. Ab dem Moment wenn wir das Haus ohne unseren 4-Beiner verlassen, ist er auf sich alleine gestellt, er ist verantwortlich für die Sicherheit seines/unseres Territoriums. Dem Hund fehlt das Verständnis warum wir ohne ihn hinaus gehen und ihn mit dieser existenziellen Aufgabe alleine lassen.

Was ist Trennungsstress?

Aus biologischer Sicht ist der Trennungsstress eine emotionale Erregung, der dafür sorgt das sich Bindungspartner wieder vereinen. Jeder Mensch der sich einmal von einem geliebten Menschen trennen musste, weiss wie schmerzhaft dies ist. So fühlt sich auch der Hund, das ist auch das problematische am Trennungsstress, denn auch der Hund leidet körperlich.

Wie erkenne ich Trennungsstress?

• Heulen, Wimmern, Bellen
• Starkes Hecheln während der Trennung
• Urinieren, Koten
• Beknabbern/Zerbeissen von Gegenständen
• Durchfall, Ruhelosigkeit, übermässiges Trinken

Was gibt es für Trainingsmethoden? (variiert natürlich von Hund zu Hund)

1. Konditionierte Entspannung
Viele Probleme führen auf ein zu hohes Erregungsniveau zurück, da der Hund vom denkenden in den reflexiven Zustand fällt (d.h automatische Reaktionen, die nur schwer beeinflusst werden können). Um das Erregungsniveau zu senken, arbeite ich mit der konditionierten Entspannung. Die konditionierte Entspannung wird mit einem Wort belegt und mit sanften Berührungen. Durch die Berührungen wird das Hormon Oxytocin ausgeschüttet. Oxytocin ist ein Hormon und Neurotransmitter und hat eine Vielzahl an Wirkungen. Es reguliert den Blutdruck und Cortisolspiegel, diese beide Faktoren spielen eine entscheidende Rolle bei der Verarbeitung von Stress und wirkt entspannend.

2. Entspannungsoase
Eine Entspannungsoase dient dem Hund als Rückzugsort welcher Sicherheit übermittelt. Dies kann zum Beispiel eine Hundebox sein, die der Hund POSITIV verknüpft. Dazu wird dem Hund die Box langsam und Schritt für Schritt näher gebracht. Später wird die konditionierte Entspannung in der Box trainiert.

3. Management
Das Management spielt bei Trennungsstress eine grosse Rolle, eine gute Planung ist das A und O! Zum Beispiel die Fütterung, Auslastung des Hundes, Beschäftigung während der Abwesenheit der Besitzer, Leckerli-Kong, Absperrungen damit der Hund gewisse Räume nicht betreten kann, Hundesitter und vieles mehr.

4. Hilfsmittel
Es gibt viele Produkte die das Tier unterstützen können wie zum Beispiel eine Bachblüten-Therapie speziell gegen Trennungsstress oder ein Thundershirt welches dem Hund angezogen werden kann und ihm Sicherheit vermittelt. Ebenfalls sind viele Produkte erhältlich die dem Tier mittels Pheromonen helfen sich zu entspannen. Achtung auch bei diesen tollen Hilfsmitteln muss sich der Hund langsam daran gewöhnen können.

Wie stehen die Erfolgschancen?

Es gibt viele Trainingsmethoden bei Trennungsstress, vom Einsperren des Hundes bis hin zur Bestrafung. Diese Methoden entsprechen Nicht meinem Trainingsplan, ich arbeite ausschliesslich mit positiven Verstärker. Das Wohle des Hundes steht bei mir an oberster Stelle.
Die Erfolgschancen stehen gut, es braucht jedoch Geduld und ein gutes Management, denn Trennungsstress vergeht nicht von Heute auf Morgen.

Für den Erfolg ist es wichtig, dass die Massnahmen richtig eingesetzt und gelernt werden. Damit man Fehlerquellen möglichst gering halten kann, empfehle ich eine/einen qualifizierte/r Verhaltensberater/in dazu zu holen.